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Elektroenzephalogramm nach einem konvulsiven Ereignis

Die Rolle von Elektroenzephalographie (EEG) und Magnetresonanztomographie (MRT) nach dem initialen Anfall

Welches Ausmaß an diagnostischen Maßnahmen ist im Kindesalter im Anschluss an ein primäres, epilepsieähnliches Ereignis erforderlich, sofern keinerlei weitere neurologische Abnormalitäten vorliegen? Neben einer Elektroenzephalographie (EEG-Messung) binnen des ersten Tages (24 Stunden) nach dem konvulsiven Ereignis, wird zumeist ebenfalls die Durchführung von Laboranalysen des Blutes sowie einer Magnetresonanztomographie (MRT) empfohlen. Es ist jedoch zu beachten, dass eine Vielzahl der dabei festgestellten Anomalien für die abschließende Bewertung des Zustandes keine wesentliche Bedeutung besitzen.

Hinsichtlich der Elektroenzephalographie (EEG) herrscht unter den Spezialisten für Epilepsie jedoch Einigkeit, da sich mittels dieser Methode zeitnah nach dem Ereignis epilepsiespezifische Potenziale sowie umschriebene Verlangsamungen zuverlässig identifizieren lassen. Diese Erkenntnis wurde mittlerweile durch wissenschaftliche Studien fundiert untermauert, wie Professor Bernd Neubauer vom Universitätsklinikum Gießen verlauten ließ. Sollten entsprechende Abweichungen im Elektroenzephalogramm (EEG) festgestellt werden, steigt das Risiko eines erneuten Anfalls auf das Doppelte an. Dennoch ist beim EEG der exakte Zeitpunkt der Durchführung von entscheidender Bedeutung: Die Untersuchung weist die größte Empfindlichkeit innerhalb des ersten Tages (24 Stunden) nach dem Anfallsgeschehen auf. Nach einem Zeitraum von drei Tagen reduziert sich die Aussagekraft (Sensitivität) bereits auf die Hälfte, erläuterte der Facharzt für Kinderheilkunde anlässlich des Neuropädiatrie-Kongresses in Jena. Es sei aber auch angemerkt, dass eine noch stärkere Verkürzung des Untersuchungsfensters für das EEG keinerlei zusätzlichen Nutzen erbringt. Untersuchungen zeigten, dass nach drei Stunden nach einem Ereignis epilepsietypische Muster nicht wesentlich öfter zu detektieren waren im Vergleich zu 24 Stunden nach dem Geschehen, wie Professor Neubauer während einer von Janssen-Cilag gesponserten Konferenz ausführte.

Empfehlung von Laboranalysen bei Kindern unter vier Jahren

Die Sachlage präsentiert sich jedoch bei Laboranalysen als weniger klar. Forschungsergebnisse haben beispielsweise gezeigt, dass sowohl bei erwachsenen Personen als auch bei jungen Patienten mit initialen Anfallsereignissen Abweichungen der Serumkonzentrationen von Glukose, Natrium, Kalium und Kreatinin äußerst selten festgestellt wurden, wobei solche Auffälligkeiten vorwiegend bei Kleinkindern (Säuglingen) auftraten, sofern sie überhaupt detektiert wurden. Professor Neubauer führte eine Untersuchung mit einhundertsechzig Teilnehmern als Beispiel an, bei der lediglich in einem einzigen Fall, nämlich bei einem Säugling, eine Hypoglykämie durch die Analyse des Blutes als Auslöser des Krampfanfalls ermittelt werden konnte. Für die Annahme, dass die Serum-Diagnostik bei älteren Probanden von Nutzen ist, existieren bis dato keine hinreichend fundierten Daten. Jedoch wurde von sämtlichen Fachgremien konstatiert: „Die vorliegende Datenbasis ist in ihrer Gesamtheit unzureichend, aus diesem Grund raten wir zur Durchführung von Blutuntersuchungen zumindest bis zum vollendeten dritten Lebensjahr,' erklärte Neubauer. „Nichtsdestotrotz würde ich dies prinzipiell stets veranlassen," fügte der Kinderfacharzt hinzu, „da bei der Analyse von Blutproben im Kindesalter stets mit unerwarteten Befunden zu rechnen sei.'

Wesentlich spärlicher sind die Indizien hinsichtlich eines therapeutischen oder diagnostischen Vorteils der Lumbalpunktion. Professor Neubauer zitierte eine Untersuchung, wobei bei einem Zwölftel (12%) der jungen Patienten im Anschluss an ein initiales Anfallsgeschehen eine erhöhte Granulozytenzahl im Liquor (Granulozytose) registriert wurde - ohne jedoch, dass dabei ein spezifischer Krankheitserreger identifiziert werden konnte. Dennoch bewahrheitet sich auch in diesem Kontext die Weisheit: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Insbesondere bei Kindern innerhalb des ersten Lebensjahres, vornehmlich in den anfänglichen sechs Monaten, findet die Lumbalpunktion (Lendenpunktion) eine generelle Empfehlung zur Prävention oder zum Ausschluss einer möglichen Infektion, obwohl hierzu bislang noch keine robusten, evidenzbasierten Datengrundlagen vorliegen.

Auch für Säuglinge (Kleinkinder) wird die Durchführung einer Lendenpunktion gelegentlich nahegelegt.

Gelangt es, eine Blutprobe innerhalb von sechzig Minuten zu entnehmen, idealerweise sogar binnen dreißig Minuten nach dem Anfallsgeschehen, so kann der Prolaktinspiegel relevante Informationen liefern. „In diesem Fall lässt sich bei einem generalisierten tonisch-klonischen Anfall eine Erhöhung des Prolaktinwerts nachweisen, wobei dies bei circa sechzig Prozent (60%) der Fälle zutrifft.' Die Aussagekraft dieser Messung ist indes bei komplexen Partialanfällen reduziert: Lediglich bei schätzungsweise fünfundvierzig Prozent (45%) der Betroffenen kann hierbei eine derartige Erhöhung detektiert werden, während er bei Absenz-Epilepsien gänzlich ausbleibt. „Es ist jedoch zu bedenken, dass Prolaktinspiegel ebenso im Falle von Synkopen (Ohnmachtsanfällen) ansteigen können. Folglich vermag die Messung ausschließlich zur Unterscheidung zwischen psychogenen Anfällen und Grand-Mal-Epilepsien beitragen', erläuterte Professor Neubauer.

Wiederum erscheinen die Leitlinien bezüglich der Magnetresonanztomographie-Diagnostik (MRT) vergleichsweise klar und unzweideutig: Grundsätzlich wird hierzulande die Durchführung einer MRT-Untersuchung bei sämtlichen Kindern nach einem initialen afebrilen (fieberfreien) Anfall empfohlen, es sei denn, die klinische Entwicklung deutet unmissverständlich auf das Vorliegen einer idiopathischen Epilepsie hin.

Die Ergebnisse der MRT-Untersuchungen sind jedoch oftmals von geringerer Eindeutigkeit, wie Professor Neubauer darlegte. Innerhalb wissenschaftlicher Untersuchungen, bei denen Spezialisten verblindet Magnetresonanztomographie-Aufnahmen von Kindern nach einem Anfallsereignis präsentiert wurden, wurden bei dreißig Prozent (30%) der jungen Patienten Abweichungen festgestellt, allerdings korrelierten diese lediglich in zwei Prozent (2%) der Fälle mit dem eigentlichen Anfallsgeschehen. Folgerichtig wird in zahlreichen Nationen auf eine pauschale Empfehlung zur Magnetresonanmtomographie verzichtet. „Die Frage, ob eine MRT für jeden einzelnen empfohlen werden sollte, obwohl lediglich zwei Prozent (2%) der Betroffenen sie benötigen, bleibt indes eine Ermessensfrage der spezifischen Gesundheitssysteme', kommentierte Neubauer abschließend.

Ursachen konvulsiver Ereignisse im Kindesalter

Im Kindesalter sind nach einem initialen epilepsieähnlichen Ereignis nicht ausschließlich idiopathische Epilepsien als primäre Verursacher in Betracht zu ziehen. Zentralnervensystem-Infektionen (ZNS-Infekte), neoplastische Prozesse (Tumoren) sowie Unterzuckerungen (Hypoglykämien) oder Ohnmachtsanfälle (Synkopen) können ebenso ursächlich für Anfallsleiden sein. Für eine umfassende Diagnosestellung sind demnach Laboranalysen und eine Magnetresonanztomographie unerlässlich. Konvulsive Episoden, welche im Sekundenbereich nach einem Kopf- oder Schädeltrauma manifest werden und deren Dauer drei Minuten unterschreitet, bergen typischerweise kein Risiko für eine Entwicklung von Epilepsie.

(anf)

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