oakboss.pages.dev

Wenn die Beine beim Gehen vibrieren

Probleme beim aufrechten Stehen sowie ein Gefühl der Instabilität resultieren mitunter aus einem spezifischen Tremor, bekannt als orthostatischer Tremor, welcher seinen Ursprung in der Beinmuskulatur hat. Zahlreiche Personen, die davon betroffen sind, erkennen die eigentliche Ursache ihrer Beschwerden häufig nicht, vermuten stattdessen Kreislaufbeschwerden oder andere Gründe dahinter und empfinden oft große Angst vor einem möglichen Sturz. „Jener, als orthostatisch bezeichnete, Tremor manifestiert sich beinahe ausschließlich in stehender Position, wobei er beim Hinsetzen oder während des Gehens wieder abklingt. Die betroffenen Individuen nehmen das eigentliche Zittern häufig gar nicht bewusst wahr, erleben jedoch ein Empfinden von mangelndem Gleichgewicht und Ohnmacht und entwickeln häufig gleichzeitig eine ausgeprägte Furcht vor einem Sturzereignis. Manchmal kommt es vor, dass sie direkt aus dem Stehen zu Boden gehen können“, teilt Professor Gereon Nelles, ein Experte des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN) mit Sitz in Krefeld, mit. „Der bei einer neurologischen Untersuchung erhobene Befund erweist sich zumeist als unauffällig. Es zeigt sich zuweilen ein sowohl erkennbares als auch lediglich fühlbares Vibrieren der Beine in aufrechter Haltung. Das Beben bildet sich gewöhnlich zurück, sobald man sich hinsetzt, zu gehen beginnt oder sich abstützt beziehungsweise anlehnt.“ Der orthostatische Tremor manifestiert sich häufig im Umfeld des 60. Lebensjahres, allerdings lassen sich in bestimmten Situationen Anzeichen schon in der Lebensmitte feststellen. Nicht selten tritt im späteren Verlauf zusätzlich ein Tremor in den oberen Extremitäten auf. Diese Krankheit ist als selten einzustufen, welche oft nicht richtig erkannt und deren Therapie häufig erst etliche Jahre nach dem ursprünglichen Einsetzen der Symptome erfolgt.

Die Leidtragenden sind in der Lage, starke Furchtgefühle zu entfalten

Zahlreiche Patienten nehmen anfangs ein Gefühl der Unsicherheit beim aufrechten Halten wahr und verspüren den Drang, sich stets zu bewegen. In adäquaten Situationen, als Beispiel hierfür sei das Stehen in einem öffentlichen Verkehrsmittel oder das Verharren in einer Kassenschlange genannt, stellt sich ein Empfinden von Unfestigkeit sowie innerer Anspannung ein. „Im Laufe der Zeit bilden zahlreiche Patienten - manchmal unbewusst - eine Kompensationsstrategie aus, welche das Anlehnen, Gehen oder gar das Aufstampfen umfasst. Ihre Absicht hierbei ist es, ihren Blutkreislauf zu stabilisieren - obwohl die eigentliche Ursache des Problems anderswo liegt“, so erläutert der Facharzt für Neurologie. „Das Zusammentreffen von Unsicherheit und der Furcht vor dem Verlust des Gleichgewichts vermag sich in ernsten Situationen bis zu einer ausgewachsenen Angststörung zu potenzieren. Es entsteht hierbei eine antizipatorische Angst, jederzeit kollabieren zu können.“ Es kommt vor, dass irrtümlicherweise eine Angsterkrankung oder eine somatoforme Störung als vorrangiger Auslöser festgestellt wird. Eine umfassende Information der Betroffenen vermag in solchen Fällen eine immense Erleichterung zu bewirken.

Die Differenzialdiagnose weiterer Krankheiten ist unerlässlich

Zur Diagnostizierung des Bein-Tremors bedarf es einer elektrophysiologischen Untersuchung mittels Elektromyographie (EMG), welche von Nervenärzten und Neurologen vorgenommen werden kann. Hierbei lässt sich ein Tremor von hoher Frequenz feststellen. „Die Ätiologie des primären orthostatischen Tremors ist unbekannt, wobei jedoch Dysfunktionen im Hirnstamm als wahrscheinlich gelten. Die Symptome vermögen ebenfalls sekundär infolge weiterer Krankheiten aufzutreten, so beispielsweise bei Parkinson-Syndrom oder im Anschluss an geringfügige Hirnstammläsionen“, fügt Professor Nelles hinzu. „Aus diesem Grund ist es von Bedeutung, andere medizinische Zustände mittels Diagnostik auszuschließen.“
Im weiteren Verlauf der Krankheit steigern sich die empfundene Unsicherheit sowie die physische Einschränkung oftmals kontinuierlich. Falls die Patienten hierdurch in ihrer täglichen Lebensführung beeinträchtigt sind, lässt sich eine Therapie mittels Antiepileptika in Betracht ziehen.
Quellenangabe: Die Leitlinie zum Tremor, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie.

(äin-red) Die Veröffentlichung dieser Pressemitteilung oder von Auszügen des Textes ist unter nachstehender Quellenangabe gestattet: www.neurologen-im-netz.org. Sollte eine Publikation in digitalen Medien erfolgen, ist es erforderlich, dass die Quellenangabe einen Hyperlink zur Hauptseite oder einer spezifischen Unterseite des Patientenportals enthält. Grafisches Material wie Fotografien und Abbildungen sind prinzipiell von der Übernahme ausgeschlossen.

« Zurück zum Gesamtüberblick