Reglementierte zusätzliche Arbeitszeit bei Krankheit
Zusätzliche Arbeitszeit
Jährlich stellt das Beratungsunternehmen Compensation Partner eine Untersuchung zur Arbeitszeitgestaltung der Deutschen bereit. Der „Arbeitszeitmonitor 2021' belegt, dass Angestellte in Deutschland im vergangenen Jahr, trotz der globalen Pandemie, kolossale 1,67 Milliarden Überstunden verrichteten. Ihr Beitrag zum gesamten Arbeitspensum betrug 3,2 Prozent; bei Teilzeitkräften war dieser Wert mit 3,6 Prozent marginal höher als bei Vollzeitbeschäftigten (3,1 Prozent). Die Menge der individuell geleisteten Überstunden korreliert mit der Höhe des Einkommens, der Stellung innerhalb des Unternehmens und dem Lebensalter. Nicht jede über die Regelarbeitszeit hinausgehende Stunde wird vergütet, wobei über die Hälfte dieser Stunden unbezahlt geleistet wird.
Was fällt unter den Begriff Überstunden?
Überstunden entstehen, wenn die vertraglich oder tarifvertraglich festgelegte Arbeitszeit überschritten wird. Als Beispiel: Bei einer vereinbarten Wochenarbeitszeit von 40 Stunden wird jede zusätzliche Arbeitsstunde als Überstunde betrachtet. Gemäß einer Erhebung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin erbringen Vollzeitmitarbeiter in Deutschland im Durchschnitt 43,5 Stunden wöchentlich, was angesichts der gängigen vertraglichen oder tariflichen Wochenarbeitszeit von 38 Stunden fünf Überstunden pro Woche bedeutet. Solche zusätzlichen Arbeitszeiten können entweder vom Vorgesetzten angeordnet oder eigeninitiativ erbracht werden.
Wird Arbeitszeit während der Arbeitsunfähigkeit als Überstunden gezählt?
Während einer Periode der Arbeitsunfähigkeit erhält die Person eine Lohnfortzahlung. Da sie von ihrer Arbeitspflicht befreit ist, können während dieser Zeit keine Überstunden anfallen. Ein exemplarisches Szenario: Eine Mitarbeiterin ist eine Woche krankgemeldet. Während ihrer Abwesenheit arbeitet sie dennoch 10 Stunden (beispielsweise 2 Stunden täglich). Grundsätzlich darf die Mitarbeiterin während ihrer Krankheit arbeiten, da kein generelles Arbeitsverbot besteht. Trotzdem werden die erbrachten 10 Stunden nicht als Überstunden gewertet, da sie während dieser Zeit eine Lohnfortzahlung bezieht. Gemäß dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) sind sowohl das Entgelt als auch Zuschläge für geleistete Überstunden bei der Entgeltfortzahlung nicht zu berücksichtigen (vergleiche EFZG § 4 Abs. 1 a). Grundsätzlich ist in diesem Zusammenhang auch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hinsichtlich der Entgegennahme von Arbeitszeit zu betonen.
Worin liegt der Unterschied zwischen Überstunden und Mehrarbeit?
Obwohl der Begriff Mehrarbeit oft synonym mit Überstunden verwendet wird, existiert aus arbeitsrechtlicher Perspektive ein klarer Unterschied. Überstunden bezeichnen die Arbeitszeit, die über die reguläre Arbeitszeit hinausgeht. Mehrarbeit hingegen tritt auf, wenn die durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) festgelegte generelle Höchstarbeitszeit überschritten wird. Diese Höchstgrenze stellt die absolute Obergrenze für Arbeitszeitausdehnungen dar und liegt zumeist deutlich über der vertraglich vereinbarten Regelarbeitszeit. Überstunden führen demnach nicht zwangsläufig zu Mehrarbeit. Wenn beispielsweise in einem Arbeitsvertrag 40 Wochenstunden vereinbart sind und ein Arbeitnehmer 45 Stunden leistet, handelt es sich bei den zusätzlichen fünf Stunden um Überstunden, jedoch nicht um Mehrarbeit. Leistet derselbe Arbeitnehmer jedoch 50 Stunden, so hat er zehn Überstunden geleistet, von denen nur zwei als Mehrarbeit gelten, da die gesetzlich festgelegte wöchentliche Höchstarbeitszeit 48 Stunden beträgt.
Im öffentlichen Sektor existieren abweichende Regelungen für Überstunden und Mehrarbeit im Vergleich zur Privatwirtschaft. Gemäß dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) gelten zuschlagspflichtige Überstunden als solche, wenn sie vom Vorgesetzten angeordnet wurden und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche durch Freizeit ausgeglichen werden können. Guthaben auf einem Arbeitszeitkonto werden nicht als Überstunden gewertet. Ausnahmen sind für tägliche Rahmenzeiten, Arbeitszeitkorridore sowie Schichtarbeit vorgesehen, wobei in all diesen Fällen ein Arbeitszeitkonto tarifvertraglich vorgeschrieben ist. Bei Rahmenzeiten zählen nur Arbeitsstunden, die außerhalb des durch eine Betriebsvereinbarung definierten Arbeitszeitrahmens anfallen, als Überstunden. Zeitkorridore erfordern das Überschreiten einer festgelegten Obergrenze, damit zusätzliche Arbeitsstunden als Überstunden angesehen werden. Bei Wechsel- und Schichtarbeit sind Überstunden solche, die die im Schichtplan ausgewiesenen Arbeitsstunden übersteigen und innerhalb des Schichtplanturnus nicht kompensiert werden können. Mehrarbeit im Sinne des TVöD umfasst dabei Arbeitsstunden, die Teilzeitbeschäftigte über ihre vereinbarte Arbeitszeit hinaus bis zur Wochenarbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten leisten.
Welche Mengen an Überstunden sind rechtlich zulässig?
Die gesetzliche Obergrenze für zulässige Arbeitszeiten, und folglich auch für Überstunden und Mehrarbeit, ist im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) verankert. Dieses Gesetz besagt, dass die werktägliche Arbeitszeit über einen Zeitraum von sechs Monaten im Durchschnitt acht Stunden nicht überschreiten darf. Da dieser Richtlinie eine Sechs-Tage-Woche zugrunde liegt, beläuft sich die maximal erlaubte Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden. Gesetzlich sind somit zwei Überstunden pro Tag gestattet, was bei einer Sechs-Tage-Woche kurzfristig bis zu 60 Arbeitsstunden ermöglicht. Überschreitet ein Arbeitnehmer diese Grenze, hat er das Recht, angeordnete Überstunden und Mehrarbeit zu verweigern. Unabhängig von der wöchentlichen Stundenzahl sind Arbeitgeber außerdem verpflichtet, die Einhaltung der vorgeschriebenen Pausen- und Ruhezeiten zu gewährleisten. Zur effektiven Erfassung empfiehlt sich der Einsatz eines Zeiterfassungssystems wie zistemo.
Erfassung von Pausen- und Ruhezeiten mit zistemo
Eine fortwährende Überschreitung der 48-Stunden-Grenze kann durch die sogenannte Opt-out-Regelung ermöglicht werden. Beispielsweise erlaubt diese Regelung in systemrelevanten Sektoren die Abdeckung von Arbeits- und Rufbereitschaften oder Bereitschaftsdiensten. Die Implementierung einer Opt-out-Regelung bedarf der individuellen schriftlichen Zustimmung der betroffenen Angestellten. Die Gesundheit der Belegschaft darf durch einen Opt-out keinesfalls gefährdet werden.
Wie lange bin ich verpflichtet, Überstunden zu leisten?
Die Dauer, für die Arbeitnehmer zur Leistung von Überstunden verpflichtet sind, wird durch das ArbZG sowie weitere arbeitsrechtliche Bestimmungen festgelegt. Ebenso relevant ist in diesem Kontext die Frage, ob und über welchen Zeitraum Mitarbeiter überhaupt zur Ableistung von Überstunden angehalten werden können.
Eine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden besteht für Arbeitnehmer ausschließlich dann, wenn eine solche Verpflichtung Bestandteil des individuellen Arbeitsvertrags, eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung ist. Die maximale Anzahl der Überstunden muss in diesen Verträgen präzise spezifiziert sein. Fehlen solche Regelungen, besteht für Arbeitnehmer keine Verpflichtung zur Ableistung von Überstunden. Für Teilzeitbeschäftigte existiert grundsätzlich keine Verpflichtung zu Überstunden, es sei denn, dies ist explizit im Arbeitsvertrag vereinbart.
Bei angeordneten Überstunden oder Mehrarbeit hat der Betriebsrat, sofern vorhanden, ein Mitspracherecht. Die Anordnung von Überstunden bedarf einer vertraglichen Grundlage (Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung). Ausnahmen gelten in unvorhergesehenen Notfällen, die vom Arbeitgeber nicht antizipiert werden konnten - angeordnete Überstunden sind in solchen Fällen prinzipiell legitim.
In der Praxis spielen jedoch auch freiwillig geleistete Überstunden eine signifikante Rolle. Hierbei ist entscheidend, ob sie mit Zustimmung des Vorgesetzten erbracht werden oder nicht. Wer mit Einverständnis seines Vorgesetzten freiwillig Überstunden leistet, kann dafür gegebenenfalls eine Vergütung, Überstundenzuschläge oder einen Freizeitausgleich beanspruchen. Überstunden ohne Billigung des Vorgesetzten begründen keinen solchen Anspruch und führen in der Praxis häufig zu juristischen Auseinandersetzungen vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG).
Für minderjährige Personen, Schwangere und stillende Mütter (gemäß Mutterschutzgesetz) ist die Leistung von Überstunden untersagt. Für Jugendliche unter 18 Jahren können jedoch Ausnahmen gelten, die durch das Jugendarbeitsschutzgesetz (JarbSchG) geregelt werden. Schwerbehinderte besitzen grundsätzlich das Recht, Überstunden abzulehnen.
Wie werden Überstunden vergütet?
Es existiert keine allgemeingültige gesetzliche Vorgabe zur Bezahlung von Überstunden, daher besteht kein grundsätzlicher Vergütungsanspruch. Entscheidend ist, ob der Arbeitsvertrag oder ein Tarifvertrag eine Überstundenvergütung vorsieht. In diesem Fall muss der Arbeitgeber oft auch einen Überstundenzuschlag entrichten. Gegebenenfalls richtet sich die Bezahlung von Überstunden nach der branchenüblichen Praxis: Wenn ein Arbeitsvertrag keine Vereinbarung zur Überstundenvergütung enthält und der Arbeitgeber keinen einschlägigen Tarifvertrag unterzeichnet hat, kann sich daraus ein Anspruch auf Bezahlung von Überstunden ergeben. Arbeitgeber müssen in einem solchen Fall möglicherweise die sogenannte Vergütungserwartung ihrer Angestellten erfüllen.
Alternativ können Überstunden auch durch Freizeit kompensiert werden. Ein Anspruch auf einen Überstundenzuschlag besteht in diesem Szenario prinzipiell nicht. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass der Freizeitausgleich innerhalb von 24 Wochen erfolgen muss; tarifvertragliche Regelungen können diesen Zeitraum auf ein Jahr ausdehnen. Ausgenommen hiervon sind sogenannte Lebensarbeitszeitkonten. Durch Betriebsvereinbarungen können ebenfalls von dieser Vorgabe abweichende Regelungen getroffen werden. Grundsätzlich gilt, dass die Vergütung von Überstunden oder ein Freizeitausgleich lediglich für Auszubildende gesetzlich vorgeschrieben ist.
Bei einem Freizeitausgleich von Überstunden obliegt es dem Arbeitgeber, zu entscheiden, ob der Mitarbeiter sein Zeitguthaben tageweise reduziert oder in Form mehrerer aufeinanderfolgender freier Tage in Anspruch nimmt.
Für Arbeitseinsätze außerhalb der regulären Werktage, das heißt an Sonn- und Feiertagen, sowie für Nachtarbeit gelten spezielle Vorschriften für den Freizeitausgleich geleisteter Überstunden. Überstunden an Sonntagen sind binnen 14 Tagen abzugleichen; für Überstunden an Feiertagen gilt eine Frist von acht Wochen, wobei der Arbeitgeber in diesem Fall einen Ersatzruhetag zu gewähren hat. Überstunden im Rahmen von Nachtarbeit sind innerhalb von acht Wochen auszugleichen.
Ist im Arbeitsvertrag keine Frist festgelegt, verfallen Überstunden nach drei Jahren - im Arbeitsvertrag können jedoch abweichende Vereinbarungen getroffen werden. Bei einer ordentlichen Kündigung (fristgerecht) können Überstunden finanziell oder in Form von Freizeit kompensiert werden. Im Falle einer fristlosen Kündigung sind Überstunden auszuzahlen.
Zur Erfassung und Vergütung von Überstunden oder deren Ausgleich in Freizeit ist eine Dokumentation der zusätzlichen Arbeitsstunden unerlässlich. Dies kann individuell mit Genehmigung des Vorgesetzten oder mithilfe diverser Zeiterfassungssysteme erfolgen. In vielen Unternehmen ist eine digitale Zeiterfassung heute der Standard. Das deutsche Arbeitsrecht sieht derzeit für die meisten Branchen lediglich die Dokumentation von Überstunden vor. Eine lückenlose Zeiterfassung ist ausschließlich für Mitarbeiter, die den Mindestlohn erhalten, sowie in Sektoren vorgeschrieben, die dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (SchwarzArbG) unterliegen. Aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2019 wird eine lückenlose Zeiterfassung zum Schutz von Arbeitnehmerrechten jedoch in absehbarer Zukunft auch in Deutschland verpflichtend.
Das optimale System für unsere Zeiterfassung
Wie hoch ist meine Vergütung pro Überstunde?
Bei Angestellten ohne Stundenlohn gehen Unternehmen oft davon aus, dass Überstunden durch das Fixgehalt abgegolten sind und keine zusätzliche Vergütung erfordern. Eine pauschale Abgeltung von Überstunden mit dem Gehalt ist jedoch nicht rechtmäßig. Damit eine solche Pauschalabgeltung rechtlich Bestand hat, muss der Arbeitsvertrag spezifische Angaben zur Anzahl der zu leistenden Überstunden oder deren prozentualen Anteil an der täglichen Arbeitszeit oder der vereinbarten Wochenarbeitszeit enthalten. Ausnahmen bilden leitende Angestellte mit unternehmerischer Verantwortung und einem Jahresgehalt über der Beitragsbemessungsgrenze. Für deren Vergütung ist nicht die Arbeitszeit, sondern die Erfüllung der übertragenen Aufgaben entscheidend, wodurch Überstunden durch das Gehalt abgegolten sind - sofern im Arbeitsvertrag keine abweichenden Regelungen getroffen wurden. Eine solche Abgeltungsklausel ist jedoch nicht immer juristisch haltbar, da zusätzliche Faktoren wie die freie Gestaltung der Arbeitszeit hinzukommen.
Wenn Arbeitsverträge, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen keine spezifischen Vergütungs- oder Überstundenregelungen enthalten, besteht kein Anspruch auf eine erhöhte Bezahlung von Überstunden. Sie werden dann ebenso wie die reguläre Arbeitszeit vergütet. In die Berechnung von angeordneten Überstunden fließen alle Arbeitsstunden ein, die die vertraglich vereinbarte Stundenzahl überschreiten. Als Berechnungsgrundlage dient der jeweilige Stundenlohn oder, bei Angestellten mit Festgehalt, der auf eine Arbeitsstunde entfallende Anteil des Monatsgehalts.
Für die Zahlung von Überstundenzuschlägen gibt es keine gesetzliche Bestimmung. Ein Anspruch hierauf ergibt sich aus Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder dem individuellen Arbeitsvertrag. Die Vergütung von Überstunden und dazugehörige Zuschläge sind vollumfänglich steuer- und sozialabgabenpflichtig. Der TVöD sieht vor, dass für Überstunden ohne Freizeitausgleich ein Zeitzuschlag zu gewähren ist, dessen Höhe sich nach der Entgeltgruppe sowie dem Zeitpunkt der Überstunden (reguläre Arbeitszeit, Nacht-, Sonn- oder Feiertagsarbeit) richtet.
Welche Konsequenzen ergeben sich aus Überstunden?
Überstunden lassen sich im Arbeits- und Unternehmensalltag oft nicht vermeiden, jedoch sollten Arbeitgeber strenge Grenzen dafür setzen. Zusätzliche Arbeitsstunden sollten keine dauerhafte Lösung darstellen. Langfristig leiden Motivation und Arbeitszufriedenheit darunter, sodass Unternehmen mit Leistungseinbußen und erhöhten Fluktuationsraten rechnen müssen. Zudem kann übermäßige Arbeitsbelastung zu Krankheiten führen. Eine Studie im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) aus dem Jahr 2021 identifiziert übermäßige Arbeitsbelastung als Hauptursache für Berufskrankheiten.