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Decke in einer anderen Farbe gestalten

© SCHÖNER WOHNEN

01:55 min

Decke mit Farbe: Expertenrat für Ihren Wohnraum

Während man in anderen Nationen mutig leuchtende Farbtöne einsetzt und die Decke als vollwertiges Element der Innenarchitektur betrachtet, fällt uns Deutschen für die fünfte Wand zumeist nur die "Allzweckwaffe Weiß" ein. Dies ändert sich jedoch! Denn der Trend zur farbigen Decke erfasst auch unser Land, wie uns Marcel Ullrich, ein renommierter Farbberatungsexperte bei Farrow & Ball, mitteilte. Wir sprachen mit ihm im Interview, um zu erfahren, warum das so ist, wie eine Decke in einer anderen Farbe die Atmosphäre eines Raumes wandeln kann und welche Aspekte man bei der Neugestaltung unbedingt berücksichtigen sollte.

SCHÖNER WOHNEN (SW): Herr Ullrich, hat die Bedeutung der Farbgestaltung von Decken zugenommen, seitdem wir wesentlich mehr Zeit zu Hause verbringen? 
Marcel Ullrich (MU): Ganz bestimmt! Das Neugestalten von Wänden hat sich während der Pandemie zu einem zentralen Aspekt der Raumaufwertung entwickelt. Auch die Decke spielt dabei eine bedeutende Rolle. Für mich persönlich ist ein Farbkonzept erst dann als vollendet anzusehen, wenn alle fünf Wandflächen ihre Farbgebung erhalten haben.

SW: Welche Auswirkungen kann eine Decke in einem anderen Farbton auf die Wahrnehmung eines Raumes haben?
MU: Decken, die mit Farbe gestaltet sind, revolutionieren ein gesamtes Farbkonzept. Sehr oft äußern meine Klienten den Wunsch nach einem heller wirkenden Raum. Um dunkle Farbtöne auszugleichen, sollte die Decke daher möglichst hell gehalten werden. Umgekehrt gilt: Je heller das Weiß ist, desto dunkler wirkt die Wandfarbe. Je ausgeprägter der Kontrast, desto stärker wird er vom menschlichen Auge wahrgenommen. Dasselbe Prinzip findet Anwendung auf die Raumhöhe: Soll eine geringe Raumhöhe kaschiert werden, ist es ratsam, die Kontraste zwischen der Farbe der Wände und der Decke zu minimieren. Eines der wesentlichen gestalterischen Elemente bei der Deckenbearbeitung ist es daher, selbst das verwendete Weiß subtil abzutönen.

SW: Das Streichen von Wand und Decke im identischen Farbton erfordert durchaus eine gewisse Entschlossenheit. Was ist Ihre Meinung zum sogenannten All-Over-Look?
MU: Die Ausgestaltung von Wänden und Decke in einer einzigen Farbe kreiert einen ganz besonderen ästhetischen Eindruck, der bisher eher selten anzutreffen ist. Dennoch sorgt dieser Ansatz für ein unvergleichlich behagliches und umschließendes Raumerlebnis. Tatsächlich wirkt dies keineswegs einschränkend, sondern fördert vielmehr ein Gefühl von Weite für das Auge, bedingt durch die Reduzierung von Kontrasten. Ein zusätzlicher Vorzug: Unliebsame architektonische Merkmale können gekonnt verborgen werden, und es stellt sich visuell eine beruhigende Wirkung ein.

SW: Stuckelemente, Lampen, Heizungsrohre - wie geht man am besten mit diesen architektonischen Details um? Sollten sie mitgestrichen oder gezielt durch Kontraste hervorgehoben werden?
MU: Ich durchwandere Räume oft und beobachte aufmerksam, was meine Aufmerksamkeit auf natürliche Weise auf sich zieht. Persönlich empfinde ich beispielsweise abgesetzten Stuck oft als zu traditionell, weshalb ich ihn unauffällig mache - wenn man etwas in derselben Farbe streicht, verschwindet es ja und wird quasi unsichtbar. Das unsichtbar Machen von Stuck gilt jedoch für viele als Stilbruch und ist letztlich reine Geschmacksache. Je nach Opulenz des Stuckelements kann man nicht anders, als es zu betonen. Heizungsrohre, Kabelkanäle und Leuchtenbefestigungen sind jedoch selten ästhetische Highlights und lenken eher von den eigentlichen Blickfängen ab. Daher würde ich diese Elemente immer in derselben Farbe verschwinden lassen, um sie unauffällig zu gestalten.

SW: Das Bemalen der Decke ist zweifellos weniger anspruchsvoll als das Tapezieren, erfordert jedoch eine sorgfältige Vorbereitung. Haben Sie dazu Empfehlungen?
MU: Grundsätzlich ist es neben der Wahl des adäquaten Farbtons entscheidend, den Untergrund bestmöglich vorzubereiten. Dieser muss sauber, trocken und aufnahmefähig sein. Das bedeutet konkret: Spinnweben entfernen, Risse und Löcher mit Spachtelmasse schließen und die behandelten Stellen anschließend glatt schleifen. Vor dem eigentlichen Deckenanstrich rate ich zur Anwendung einer Grundierung. Diese gewährleistet zum einen eine optimale Haftung, gleicht Oberflächenunebenheiten aus und schafft somit eine gleichmäßig saugfähige und vorpigmentierte Grundlage. Darüber hinaus beugt eine Grundierung der Entstehung von Streifen auf der getrockneten Oberfläche vor.

SW: Die größten Herausforderungen in der Praxis sind wahrscheinlich Farbtropfen und Spritzer. Welche Eigenschaften sollte eine gute Deckenfarbe besitzen?
MU: Ähnlich wie beim Kochen ist es auch beim Streichen wichtig, erstklassige Materialien mit dem passenden, hochwertigen Werkzeug zu kombinieren. Mein dringender Rat lautet: Sparen Sie nicht an der Qualität der Farbe! Farbtöne mögen sich ähneln, doch die Beschaffenheit der Farbe bleibt ein signifikanter Unterschied und beeinflusst somit maßgeblich, wie sie sich verarbeiten lässt. Für die Decke empfehlen wir üblicherweise eine möglichst matte Ausführung, beispielsweise unsere Estate Emulsion. An der Decke tritt häufig Streiflicht auf, und je höher der Glanzgrad einer Farbe ist, desto stärker werden Unebenheiten im Untergrund sichtbar. Achten Sie bei der Auswahl des Werkzeugs darauf, dass Sie bevorzugt eine kurzflorige Farbrolle verwenden, die die Farbe gut aufnimmt, aber mit minimaler Struktur wieder abgibt. Vor dem Streichen sollten Sie die Rolle stets leicht anfeuchten und auf lose Partikel überprüfen, damit sich diese nicht auf der gestrichenen Fläche absetzen.

SW: Und abschließend: Was ist Ihr bester Rat, um beim Deckenanstrich Kraft zu sparen?
MU: Führen Sie den Anstrich im Kreuzgang durch. Das bedeutet, malen Sie nicht immer in derselben Richtung, sondern teilen Sie die Decke gedanklich in überschaubare quadratische Bereiche ein und streichen Sie zunächst in eine Richtung und anschließend um 90 Grad versetzt. Dies erleichtert das Glattstreichen von sogenannten Nasen, die von der Rolle entstehen können, und hält Sie in Bewegung. Vermeiden Sie nur kurze Striche; ziehen Sie stattdessen möglichst lange Bahnen. Und noch ein Tipp: Die über Generationen weitergereichte Teleskopstange ist zwar eine schöne Erinnerung, kann aber die Arbeit erschweren. Heutzutage sind Teleskopstangen in ihrer Gewichtsklasse deutlich leichter. Danach empfiehlt es sich auf jeden Fall, in einer warmen Badewanne die beanspruchten Muskeln zu entspannen.

Praktische Ratschläge für das Deckenstreichen kurz zusammengefasst:

  • Der Farbton für die Decke sollte auf die Wandfarbe abgestimmt werden.
  • Wählen Sie Farben mit guter Deckkraft, um einen zweiten Anstrich zu vermeiden.
  • Bereiten Sie den Raum vor, indem Sie Möbel aus dem Weg räumen.
  • Hängen Sie Bilder ab und schützen Sie Wandverkleidungen mit Folie.
  • Decken Sie den Boden gründlich ab, um Farbtropfen und Spritzer aufzufangen.
  • Markieren Sie den Übergang zur Wand sowie die Kanten sorgfältig mit Kreppband oder Malerkrepp.
  • Reinigen Sie die Ecken von Staub und Spinnweben.
  • Bereiten Sie den Untergrund vor, und tragen Sie gegebenenfalls eine Grundierung auf.
  • Beginnen Sie stets mit dem Deckenanstrich, um Farbspritzer an den Wänden nachträglich überstreichen zu können.
  • Malen Sie stets vom Licht (Fenster, Türen) weg und mit gleichmäßig nasser Farbe in den Raum hinein.
  • Lassen Sie die Farbe nach dem Streichen gut trocknen und vermeiden Sie Zugluft.