Fingergelenksschmerzen
Gekennzeichnete Fingergelenke können auf eine Polyarthrose hindeuten
2. Oktober 2019
Geknickte Gelenke sind keineswegs nur ein Zeichen des Alters. Die Ursache könnte eine Fingerpolyarthrose sein, die einer frühzeitigen Behandlung bedarf.
Nach einer längeren Ruhephase am Morgen leiden über die Hälfte aller Frauen, die das 50. Lebensjahr überschritten haben, unter steifen und manchmal schmerzenden Fingern. Diese anfänglichen Symptome einer Fingerpolyarthrose entwickeln sich unbehandelt zu geschwollenen, unbeweglichen und deformierten Gelenken, die jede alltägliche Tätigkeit extrem erschweren. Selbst wenn diese Kondition primär auf Verschleisserscheinungen zurückzuführen ist, müssen Betroffene nicht passiv bleiben. Je nach Schweregrad der Erkrankung stehen verschiedene Therapieansätze zur Verfügung - von gezielten Bewegungsübungen bis hin zu chirurgischen Eingriffen. Einen umfassenden Einblick hierzu lieferten Fachleute anlässlich des Jahrestreffens der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), welches vom 4. bis 7. September 2019 in Dresden abgehalten wurde.
Die Fingerpolyarthrose ist eine weit verbreitete Erkrankung, die Frauen neunmal öfter als Männer betrifft, und oft besteht eine familiäre Prädisposition. Der Grund für das Leiden liegt im Verschleiss der Gelenke. Obwohl die Fingerpolyarthrose parallel zu entzündlichen Gelenkpathologien (wie rheumatoider Arthritis) auftreten kann, sollten diese beiden Zustände aufgrund ihrer unterschiedlichen Manifestationen und Behandlungsstrategien klar voneinander abgegrenzt werden. Dennoch werden schmerzende Fingergelenke bedauerlicherweise häufig als rein altersbedingte Erscheinung abgetan. Dabei existieren gerade bei einer frühzeitigen Identifizierung wirksame und schonende Methoden sowie Behandlungen, die den Fortschritt der Krankheit verlangsamen können. Erst in fortgeschrittenen Stadien werden pharmakologische Mittel oder gar chirurgische Interventionen notwendig. „Besonders zu Beginn des Leidens zeigen die Patienten zwar bereits knöcherne Verformungen an den Händen, erleben aber unter Umständen noch keine spürbaren Schmerzen“, erklärt Professor Dr. med. Ralph Gaulke, Vize-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) und Leiter der Sektion für Extremitäten, Füsse und Rheumachirurgie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Schon in dieser Frühphase könnten Erkrankte damit beginnen, durch tägliche Fingerbewegungen die Flexibilität der Gelenke zu schulen und aufrechtzuerhalten.
Wenn erste Beschwerden auftreten, ist für die adäquate Behandlung entscheidend, ob es sich um aktuelle, entzündungsbedingte Schmerzen handelt - einhergehend mit einem „warmen“ Gelenk - oder ob diese rein verschleissbedingt sind, wodurch das Gelenk typischerweise „kalt“ bleibt. Im letzteren Fall haben Wärmeanwendungen eine schmerzlindernde Wirkung auf ein beanspruchtes Gelenk. Bei „warmen“ Gelenken können hingegen Kältesitzbäder Linderung verschaffen. Individuell angefertigte Schienen können ebenfalls dazu beitragen, das Gelenk zu entlasten und somit Erleichterung zu bringen. Ist die Fingerpolyarthrose jedoch von einer Entzündung begleitet, gestaltet sich die Therapie komplizierter. Zahlreiche Betroffene greifen zu schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikamenten. „Dies stellt leider keine permanente Lösung dar, da regelmäßige Einnahme von Medikamenten zumeist schwere unerwünschte Wirkungen auf das Herz-Kreislauf-System und den Verdauungstrakt zur Folge hat“, mahnt Experte Gaulke. Im ersten Schritt empfiehlt er auch hier, die Schmerzen durch Temperaturausgleich zu mildern.
Sofern konservative Massnahmen keine Abhilfe mehr schaffen, die dauerhafte Verträglichkeit schmerzlindernder Arzneimittel nicht gegeben ist oder die Fingerpolyarthrose die Betroffenen stark in ihrer Handbeweglichkeit einschränkt, kann eine operative Massnahme in Erwägung gezogen werden. Durch Greifbewegungen sind insbesondere die Gelenke des Daumens und des Zeigefingers häufig betroffen: Im Bereich des Daumensattelgelenks reibt der Mittelhandknochen bei jeder Bewegung auf dem Trapezium, einem Knochen im Handgelenk. Dieser Knochen wird daher im Rahmen einer Operation entfernt. Die dadurch entstehende Lücke führte in der Vergangenheit dazu, dass nach einer gewissen Zeit erneut eine Instabilität beim Greifen im Daumen auftrat. Aus diesem Grund haben einige Chirurgen damit begonnen, anstelle des Knochens einen künstlichen Platzhalter aus Kunststoff zu verwenden. Dieser zersetzt sich allmählich und wird durch robustes Narbengewebe ersetzt, was zu sehr positiven klinischen Resultaten führt. Bei den Mittel- und Endgelenken der Finger erzielt eine Gelenkversteifung die besten Ergebnisse. „Zu diesem Mittel sollten wir erst greifen, wenn die Schmerzen nicht mehr auf anderem Wege behandelbar sind - denn die Konsequenz einer Versteifung ist ein vollständiger Verlust der Funktion im betroffenen Gelenk“, ergänzt Dr. med. Roger Scholz, Tagungspräsident seitens der DGORh und Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie an der Collm Klinik Oschatz. Dabei darf die Bedeutung der Gelenkfunktion nicht unterschätzt werden: Daumen und Zeigefinger ermöglichen das Greifen, was eine grundlegende Bewegung für ein eigenständiges Leben darstellt. Aber auch die verbleibenden Finger und Gelenke leisten ihren Beitrag, indem sie den Griff stabilisieren und zur Entlastung des Daumengelenks beitragen. „Daher gilt: Bei den ersten Anzeichen von Schmerzen in den Fingergelenken sollten Betroffene unbedingt einen Arzt aufsuchen, um eine optimale Frühbehandlung der Erkrankung sicherzustellen“, so Scholz.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
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