Deutliche Anzeichen einer Übersäuerung
Erkrankungen Azidose
Im Falle einer Azidose befindet sich das Säure-Basen-Verhältnis des menschlichen Organismus in einem gestörten Zustand. Ein Absinken des pH-Werts im Blut wird beobachtet, was chemisch als eine „Hyperazidität“ des Blutes zu bezeichnen ist. Als mögliche Auslöser hierfür gelten entweder pulmonale Erkrankungen oder diverse Beeinträchtigungen des Metabolismus.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Falle einer Azidose gerät der Säure-Basen-Spiegel außer Balance, was eine Übersäuerung von Blut und Gewebe zur Folge hat.
- Zwei Hauptformen der Azidose werden differenziert: die respiratorische und die metabolische Variante.
- Verursachende Faktoren können bestimmte Krankheitsbilder wie Diabetes Typ 1 oder Niereninsuffizienz sein, daneben jedoch auch respiratorische Dysfunktionen, Traumata oder Intoxikationen (Vergiftungen).
- Die Diagnose einer Übersäuerung wird üblicherweise mittels einer Blutuntersuchung gestellt.
- Ein entscheidender therapeutischer Ansatzpunkt stellt die Bekämpfung der kausalen (vorhandenen) Grunderkrankung dar.
Wichtiger Vermerk: Die in diesem Text enthaltenen Ausführungen dürfen eine ärztliche Konsultation keinesfalls verdrängen und sind überdies nicht für eine Eigendiagnose oder Selbstbehandlung zu nutzen.
Definition: Was bedeutet Azidose?
Für eine einwandfreie Funktion des menschlichen Organismus ist es unerlässlich, dass das Säure-Basen-Verhältnis im Körper ausgewogen ist. Im Zuge von Atmung, körperlicher Aktivität oder Nahrungsaufnahme entstehen im Körper Metabolite, welche diese empfindliche Balance tendenziell beeinflussen.
Um ein ausgeglichenes Verhältnis von Säuren und Basen zu bewahren, werden diese Metabolite vom Organismus mittels der Atmung oder der Nieren abtransportiert und ausgeschieden. Ferner sind im Blutkreislauf sowie im Gewebe Puffersysteme verankert, deren Aufgabe es ist, temporäre Abweichungen des Säure-Basen-Spiegels zu kompensieren.
Sollte diese Regulation fehlschlagen, beispielsweise infolge von Erkrankungen der Lunge, der Nieren oder anderer Dysfunktionen, so kann die Balance des Säure-Basen-Spiegels entgleisen, was den Eintritt einer Azidose zur Folge hat.
Der pH-Wert des Blutes liefert wichtige Informationen über das Verhältnis von Säuren und Basen im Körper: Bei gesunden Individuen bewegt sich der pH-Wert des Blutes normalerweise in einem Bereich von 7,35 bis 7,45. Fällt dieser Wert unter 7,35, wird das Blut als „zu sauer“ eingestuft, ein Zustand, den Medizinerinnen und Mediziner als Übersäuerung beziehungsweise Azidose diagnostizieren.
Man differenziert generell zwei Ausprägungen der Azidose: die respiratorische (durch Atmung verursachte) sowie die metabolische (auf den Stoffwechsel zurückzuführende) Form.
Ein Übersäuerungszustand, der dadurch hervorgerufen wird, dass die Atmung gestört, zu flach oder zu träge ausfällt, was zu einer Akkumulation von Kohlenstoffdioxid im Körper führt, wird als respiratorische Azidose bezeichnet.
Eine metabolische Azidose tritt in Erscheinung, sobald der Organismus eine übermäßige Menge an sauren Metaboliten produziert, woraus eine generelle Übersäuerung resultiert. Ein potenzieller Auslöser hierfür kann eine Beeinträchtigung der Nierenfunktion sein (Nierenschwäche). Dies hat zur Konsequenz, dass die generierten Stoffwechselprodukte nicht mehr adäquat aus dem Körper ausgeschieden werden können. Eine alternative Möglichkeit besteht darin, dass der Organismus einen übermäßigen Säureeintrag von außen erfährt, wie er beispielsweise bei Intoxikationen mit Schmerzmitteln oder Drogen auftreten kann.
Von Bedeutung ist folgender Aspekt: Die Einnahme sogenannter basischer Nahrungsmittel kann bei einer Azidose keine Linderung bewirken, da die Ernährung für sich genommen den komplexen Säure-Basen-Haushalt des menschlichen Körpers nicht nachhaltig beeinflussen kann.
Symptome: Wie wird eine Azidose erkannt?
Oftmals wird eine Azidose erst dann festgestellt, wenn die zugrundeliegende Krankheit, die zu dieser Übersäuerung beiträgt, bereits spürbare Beschwerden hervorgerufen hat.
Im Fall einer akuten respiratorischen Azidose manifestieren sich typischerweise Symptome einer Hypoxie: Eine bläuliche Verfärbung der Haut kann sichtbar werden, gefolgt von Atemnot oder gar Ohnmachtsanfällen. Das durch den Sauerstoffmangel bedingte Ansteigen des Kohlenstoffdioxid-Gehalts im Blut kann als Folgereaktion Muskelzuckungen, ausgeprägte Müdigkeit und wiederkehrende Kopfschmerzen zur Folge haben.
Im Falle einer metabolischen Azidose ist häufig eine auffällig tiefe, regelmäßige und geräuschvolle Atmung zu beobachten. Dies stellt einen Kompensationsversuch des Körpers dar, indem er durch vermehrte Abatmung von Kohlenstoffdioxid der vorliegenden Übersäuerung entgegenzuwirken versucht. Ferner können Diarrhö, Übelkeit und Erbrechen zusätzliche Indikatoren für das Vorliegen einer metabolischen Azidose sein.
Aufgrund der Tatsache, dass mannigfaltige Erkrankungen, darunter Diabetes und Niereninsuffizienz, sowie Intoxikationen oder Drogenüberdosierungen eine Azidose auslösen können, sind diverse weitere Begleitsymptome denkbar. Dazu zählen unter anderem:
- Beeinträchtigungen der Konzentrationsfähigkeit
- Gesteigerte Ängstlichkeit
- Desorientierung
- Nächtliche Cephalgien (Kopfschmerzen)
- Innere Unruhe
- Wahnideen
Ursachen: Welche Faktoren begünstigen eine Azidose?
Eine Azidose tritt in der Regel als Folge einer sekundären (anderen) Erkrankung auf.
Im Kontext der respiratorischen Azidose können Leiden wie Asthma bronchiale, die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), ein Lungenemphysem, Verletzungen des Thorax (Brustkorbs) oder eine Beeinträchtigung des Atemantriebs bei schwerwiegenden Kopfverletzungen dazu führen, dass der Atemvorgang verlangsamt und flacher wird.
Infolgedessen wird nicht genügend Kohlenstoffdioxid (CO2) aus dem Körper abgeatmet. Als Konsequenz hieraus steigt der CO2-Partialdruck an. Dieser Wert indiziert die im Blut gelöste Menge an Kohlenstoffdioxid. Ein Anstieg des CO2-Partialdrucks hat zur Folge, dass der pH-Wert sinkt, was zu einer zunehmenden Versäuerung des Blutes führt.
Die metabolische Azidose kann aus Intoxikationen durch Alkohol oder Schmerzmittel wie Paracetamol oder Acetylsalicylsäure (ASS) resultieren. Ebenso können jedoch auch schwere und anhaltende Diarrhö, renale Insuffizienz oder Nierenversagen, sowie kritische Notfälle wie eine Sepsis (Blutvergiftung) oder ein Myokardinfarkt (Herzinfarkt) ein Absinken des pH-Wertes im Blut bewirken.
Ein wichtiger Hinweis: Eine spezielle Form der Übersäuerung ist die sogenannte Ketoazidose. Sie kann sich sowohl als Resultat eines ungenügend eingestellten Diabetes mellitus entwickeln als auch dann, wenn der Körper einer extremen Hungerperiode ausgesetzt wird, wie zum Beispiel bei Magersucht (Anorexie) oder im Rahmen einer Fastenkur.
Der Verlauf einer Azidose
Im Falle einer respiratorischen Azidose wird das Blut unzureichend mit Sauerstoff versorgt. Als unmittelbare Konsequenz hiervon verfärben sich die Lippen und die Haut gräulich oder bläulich. Oftmals manifestiert sich zusätzlich eine ausgeprägte Atemnot. Zu einem späteren Zeitpunkt ist eine Beschleunigung des Pulses, ein Anstieg des Blutdrucks sowie das Auftreten von Zirkulationsstörungen und generellen Schwächegefühlen möglich.
Im Fall der metabolischen Azidose ist eine intensivierte, vertiefte Respiration zu beobachten.
Wird die ursächliche Erkrankung bei betroffenen Personen mit einer Azidose nicht therapiert, so besteht das Risiko eines Komas und in der Konsequenz sogar des Todes. Nichtsdestotrotz gelingt es Medizinern in der Regel, eine Azidose unkompliziert zu diagnostizieren und eine entsprechende, wirksame Therapie umgehend einzuleiten.
Prävention: Wie kann einer Azidose vorgebeugt werden?
Personen, die an Diabetes, einer Nierenschwäche oder einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) leiden, können der Entstehung einer Azidose entgegenwirken, indem sie ihre Grunderkrankung sorgfältig behandeln und fortlaufend ärztlich überprüfen lassen.
Ein wesentlicher Bestandteil hierfür ist, dass Diabetiker ihre Blutzuckerwerte regelmäßig selbst kontrollieren. Ebenso ist es von Bedeutung, sicherzustellen, dass die Medikation korrekt eingestellt und die gesamten Therapiemaßnahmen individuell auf die Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnitten sind.
Diagnoseverfahren bei Azidose
Die Diagnose einer Azidose wird von Ärztinnen und Ärzten in der Regel mittels einer Blutgasanalyse (BGA) gestellt. Im Rahmen dieser Untersuchung werden sowohl der pH-Wert erfasst als auch die Konzentrationen von Bikarbonat und Kohlenstoffdioxid im Blut quantifiziert. Bikarbonat hat im menschlichen Körper üblicherweise die Funktion, Fluktuationen des pH-Wertes chemisch zu kompensieren.
Bei Vorliegen einer metabolischen Azidose ist im Blutplasma eine reduzierte Menge an Bikarbonat nachweisbar. Demgegenüber ist bei einer respiratorischen Azidose der Bikarbonatspiegel im Blut erhöht, da der Organismus durch diesen Mechanismus versucht, die bestehende Übersäuerung zu kompensieren.
Therapieansätze bei Azidose
Im Fall einer Azidose konzentrieren sich Ärztinnen und Ärzte anfänglich darauf, die ursächliche Erkrankung zu behandeln, welche für die Übersäuerung verantwortlich ist. Personen mit Atemwegserkrankungen, etwa COPD, profitieren von der Gabe bronchienerweiternder Medikamente. Sollte eine Überdosis von Opiaten, wie beispielsweise Heroin, als Ursache der Übersäuerung identifiziert werden, so ist die Verabreichung des Antidots Naloxon eine mögliche Behandlungsoption.
Angesichts der Tatsache, dass eine akute respiratorische Azidose oft mit einem Sauerstoffdefizit verbunden ist, hat die Verabreichung von Sauerstoff hier eine zentrale Priorität. Darüber hinaus wird den Patientinnen und Patienten eine Therapie, die auf Bikarbonaten basiert, verabreicht. Diese Substanzen agieren im Blut wie ein effektives Puffersystem, das in der Lage ist, die Schwankungen des pH-Wertes zu kompensieren.
Auch Personen, die von einer metabolischen Azidose betroffen sind, erhalten Bikarbonat in medikamentöser Form, um das Säure-Basen-Gleichgewicht des Körpers zu stabilisieren.
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Erstellt in Kooperation mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
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