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Männer im besten Alter: Attraktivität im Wandel

Hätte das folgenschwere Interview mit dem ausgeflippten NDR-Moderator nicht ein paar Tage später stattgefunden, könnte man glauben, sie hatte bei diesem Zitat schon Hinnerk Baumgarten im Visier - allerdings nur, was die Spätentwickler betrifft. Der hatte seine Couch kurzerhand in einen Spielplatz für pubertierende Labertaschen umfunktioniert. Es hätte nur noch gefehlt, dass er mit Fistelstimme schmettert: "Ich will Spaß, ich will Spaß!" Auf der Homepage seines Arbeitgebers formuliert der 45-Jährige seine Vorstellung von Spaß nämlich in folgenden entspannten Worten: "Einfach mal so auf die Kiste setzen und an die Ostsee oder in den Harz - und einmal im Jahr natürlich mit den Jungs mit der Harley in die Alpen." Ja, da hat man dann natürlich keine Zeit, um sich zur Vorbereitung auf ein Interview einen Spielfilm anzusehen.

Doch zurück zum Thema: Bis Männer ans Heiraten denken, sind sie im Durchschnitt drei Jahre älter als die Frauen. Mit 30 leben ungefähr 15 Prozent noch bei Mutti. Oft so lange, bis die Ablösung in Form einer Lebensgefährtin kommt und das Sockenwaschen übernimmt. Das Kind bleibt selbst dann im Mann, selbst wenn er bereits selbst welche hat: Väter, die ihren Söhnen die Carrera-Bahn und die Modelleisenbahn streitig machen, gehören in vielen Familien zum alltäglichen Bild. Ebenso wie Väter, die der Großvater ihrer Kinder sein könnten - was immerhin den Streit ums Spielzeug überflüssig macht: Arthritische Knie eignen sich nicht so gut, um auf dem Parkett herumzukrabbeln.

Auch an ergraute Senioren in Sneakers und Cargohosen, aus deren Gesäßtaschen eine Panzerkette baumelt, hat man sich längst gewöhnt. Und wenn ein Silversurfer auf einem Waveboard an uns vorbeizieht, dessen lichtes Haar im Fahrtwind flattert, zucken die meisten nur noch mit den Schultern.

Für die Frauen sieht es hingegen anders aus: "Bei denen ist es leider immer noch so, dass sie dem Druck ausgesetzt sind, immer jung und schön sein zu müssen", sagt Riemann.

Warum wirken alternde Frauen eigentlich so beunruhigend auf ihre Umwelt? Weshalb gestattet man ihnen den Rückfall in die Kindheit nicht? Sicher ist es peinlich, wenn sie ihren Töchtern die Hello-Kitty-Tasche abknöpfen und in rosa Röhrenjeans und mit blonden Strähnchen versuchen, als deren Schwester durchzugehen - zumindest von hinten betrachtet. Aber ist es wirklich schlimmer, als sich mit umgedrehtem Baseballcap zum Clown zu machen und so zu tun, als wäre man auf dem Weg ins Legoland?

Immerhin wachsen Frauen keine Büschel aus Nase und Ohren. Auch fallen ihnen die Haare nicht vom Kopf, erst recht nicht, bevor sie die Chance hatten, zu ergrauen. Sogar auf hängende Brüste haben Frauen schon lange kein Monopol mehr. Und der Bauch des Mannes wird im Alter nicht ansehnlicher, nur kugeliger - selbst wenn er nie ein Kind austragen musste, sondern bestenfalls eine Reihe von deftigen Fleischgerichten.

Abgesehen davon sind Frauen vor allem von innerer Schönheit geprägt. Riemann hat es selbst gesagt: "Wissen, Denken oder Fühlen machen auch hübsch." Ist das nicht tröstlich? Ab 40 können wir ganz entspannt darauf hoffen, dass all die vielen klugen Gedanken unseren hängenden Hintern kompensieren. Weil wir wissen, dass es nicht auf Äußerlichkeiten ankommt. Weil wir denken, dass wir um unserer selbst geliebt werden - Hängehintern hin oder her. Komisch nur, dass wir genau fühlen, dass das am Ende alles nichts nützt. Würden wir sonst so viel Geld und Zeit in Verschönerungsmaßnahmen investieren?

Genau darin liegt der Unterschied: Während Frauen bestenfalls an die Macht der Zeitverzögerung glauben, ist für Männer ihr eigenes Alter nichts weiter als eine Frage der eigenen Einstellung. Umfragen zufolge findet jeder zweite Mann über 40, dass er nicht nur akzeptabel, sondern sogar besser aussieht als früher. So gesehen, müssten 50 Prozent der Männer George Clooney ähneln. Dass das nicht der Fall ist, wissen nicht nur Frauen.

Mit Wissen, Denken und Fühlen hat das allerdings nichts zu tun. Ein Mann ignoriert zuerst die Tatsachen und beschäftigt sich dann nicht weiter mit dem Thema. Selbstbetrug - darin liegt das Geheimnis des alternden Mannes. Selbstbetrug, so überzeugend, dass es auch die anderen glauben. Bei des Kaisers neuen Kleidern hat das schlussendlich auch funktioniert. Selbst Hinnerk Baumgarten ist das vortrefflich gelungen: Indem er seine Unwissenheit und sein Desinteresse an Katja Riemann einfach ignorierte, erweckte er in aller Öffentlichkeit den Eindruck, "das Problem dieser Sendung sitze auf der anderen Seite des Sofas", wie es Alexander Gorkow in der SZ vom 20. März so treffend beschreibt.

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Wär doch gelacht, wenn Frauen diese bemerkenswerte Einstellung nicht auch hinbekämen. Immerhin ist die Kunst, sich etwas vorzumachen, eine ihrer beliebtesten Disziplinen. Man denke nur an das Thema Diät: Frauen bestellen in Restaurants statt eines eigenen Gerichtes gern eine zweite Gabel - und wundern sich dann, dass sie zunehmen, wo sie doch offiziell gar nichts gegessen haben. Beim Shoppen schlagen sie sich am liebsten gleich selbst mit Blindheit: "Die Hose gibt es nur in 34? Prima, genau meine Größe (bald jedenfalls, da bin ich ganz sicher)!"

Darum nun für alle Damen zum Mitsingen: Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt. Und in meiner Welt ist Angelina Jolie neidisch auf mich. Je älter ich werde, desto besser sehe ich aus. Ich fühle mich prima.

Na also, geht doch! Vielleicht macht Selbstbetrug nicht so hübsch wie Wissen, Denken oder Fühlen. Aber zufriedener definitiv.