Mann wird schwanger
Die Welt ist voller ungewöhnlicher Familienmuster - Babys, die von Omas bekommen wurden, die zugleich auch Mütter sind, existieren genauso wie Kinder mit drei genetischen Elternteilen. Und homosexuelle Eltern sind ohnehin schon üblich. Aber dass ein Mann sein Kind auch selbst austrägt, lässt noch immer aufmerksam werden. Daher werden Schlagzeilen wie die vom ersten schwangeren Mann Großbritanniens in diesen Tagen mit dem Begriff "Sensation" versehen. Offenbar gibt es im Südwesten Englands aktuell tatsächlich einen schwangeren Mann. Der 20-jährige Hayden Cross wird, vorausgesetzt alles verläuft planmäßig, in fünf Monaten ein Kind zur Welt bringen. In der britischen Sun präsentierte er seinen Babybauch.
Doch so sensationell, wie die Angelegenheit klingt, ist sie eigentlich gar nicht: Cross ist zwar formell ein Mann, allerdings handelt es sich um einen Transmann. Er kam also als Frau zur Welt. Vor drei Jahren wurde er vor den Behörden zum Mann, und schrittweise wollte er dies auch körperlich realisieren: Er konsumierte männliche Hormone, die für markantere Gesichtszüge, stärkere Körperbehaarung und eine tiefere Stimme sorgten, letztendlich wollte er auch eine operative Geschlechtsangleichung beginnen. Aber Cross wusste: Kinder würde er im Anschluss nicht mehr bekommen können. Das war jedoch sein inniger Wunsch: "Ich werde der beste Papa sein", davon ist er überzeugt. Um sich später noch reproduzieren zu können, wollte Cross folglich seine Eierstöcke einfrieren lassen. Nur: Die Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme ab, und so entschloss sich Cross, selbst noch schwanger zu werden und ein Kind auszutragen, ehe er seine Weiblichkeit vollständig beenden würde. Über Facebook fand er einen Samenspender.
Hayden Cross ist nicht der erste Mann, der ein Kind austrägt. Bereits 2008 gebar der US-Amerikaner Thomas Beatie eine Tochter, im Anschluss folgten zwei Söhne. Fotos des Bärtigen mit Babybauch gingen um die Welt. Auch in Berlin gebar 2013 ein Mann ein Kind. Per Hauspost informierte seinerzeit das Standesamt im Rathaus Berlin-Neukölln über die "Geburt eines Kindes durch einen gebärenden Mann", wie der Spiegel berichtete. Der Berliner beharrte darauf, als Vater und nicht als Mutter seiner Tochter eingetragen zu werden, "weil er ja eben nicht die Frau, die das Kind geboren hat, sei, sondern ein Mann". Die Behörde zeigte Verständnis.
Schwangere Transmänner werden wohl seltene Ausnahmefälle bleiben. Aber Potenzial ist vorhanden: Seit 2011 können Transsexuelle in Deutschland ebenfalls ohne Operation ihren Geschlechtseintrag im Geburtsregister ändern, psychologische Gutachten sind dafür ausreichend. Daher leben hierzulande vermutlich Hunderte Männer, die schwanger werden können. Allerdings ist fraglich, ob viele von ihnen für die Geburt eines Kindes erneut das Geschlecht ausleben würden, das sie ja eigentlich nicht haben möchten.